Ich koche gerne. Am liebsten mache ich Eintöpfe in Kesseln. Es schmeckte mir schon immer am besten, wenn man etwas weich Gekochtes mit einem Löffel aus großen Schüsseln essen konnte. Meine Frau hat ein paar Hexen-Kochbücher in die Ehe mitgebracht, die waren bestimmt teuer und enthalten meiner Meinung nach keine außergewöhnlichen Rezepturen. Das Einzige, das sie von normalen Kochbüchern unterscheidet ist, dass immer Kräuter reinkommen, die ganz viel tolle Wirkungen haben, diejenigen welche in den Fußnoten erörtert werden.

Bei mir gibt es eine Regel, wenn ich Bücher (egal welche) von Hexen und für Hexen lese: Wenn auch nur einmal das Wort Geheimnis mit verschwörerischem Unterton darin vorkommt, bekommt es einen Stammplatz in der Toilette und meine Frau einen schriftlichen gelben Vermerk: „Bis auf weiteres kein Klopapier kaufen“.

Denn was ist das für ein totaler Unsinn, etwas ein Geheimnis zu nennen und es dann zu veröffentlichen? Dann ist es nämlich KEIN GEHEIMNIS MEHR!

Das hat die unvergleichliche Wren Walker hier perfekt auf den Punkt gebracht, dem habe ich fast nichts hinzuzufügen.

Dass ein Kochbuch in fetten Kästchen „geheime Tipps“ von der angeblichen Hexe Thea einfügt, wo dann Dinge drin stehen, wie: „Den frischen Salbei erst zum Schluss dazu tun, damit er seinen Geschmack nicht verliert“, das tut jeder aufrechten Hexe weh. Wieso muss es immer geheim sein? Können wir nicht offen sagen, was Sache ist?

Keine Religion hat so wenige Geheimnisse, wie unsere. Früher, als man noch Verfolgung fürchten musste, da mag das so gewesen sein. Aber da war alles ein Geheimnis, vor allem die Identität der Hexe. Heute muss es einen Hauch von Verschwörung beinhalten, um auf dem umkämpften Esoterik-Markt, ernst genommen zu werden. Und man bekommt auch besser Nachwuchs in seinem heidnischen Zirkel, wenn man mit angeblich geheimen Riten wirbt. Weil aber jede Hexe tut, was sie will und gerne breit tritt, was sie alles kann und macht, teilt sie jedes potentielle Geheimnis stets mit anderen. Wirklich verschlossenes Wissen gibt es eigentlich nicht (mehr).

Das liegt ja auch daran, dass wir nicht akzeptieren, dass eine andere Hexe mehr Geheimnisse kennt, als man selber und wenn doch, dann soll sie gefälligst Kurse anbieten, wo man das lernen kann! Wäre ja noch schöner, wenn man sich als Weise(r) zweiter Klasse unterordnen müsste.

Die anderen Religionen akzeptieren, dass es Vorgesetzte gibt, die mehr wissen, es gibt immer ein Mysterium, was die oberen Ränge betrifft. Deshalb ist es ja nicht ganz sicher, ob die Versammlung der Bischöfe nicht doch weiß, wo der heilige Gral versteckt ist, oder ob der Dalai Lama die Wahrheit über Tunguska tradiert.

Einen schönen Artikel auf Witchvox habe ich gelesen, in dem die Autorin die Frage stellt, woran man erkennen kann, dass man einer Hexe gegenüber steht. Und sie hat zwei lustige Beispiele gebracht, die offenlegen, wie tolpatschig wir mit unserer Religion oft umgehen. Es ist manchmal so, als wären wir nur deshalb Hexen geworden und tragen T-Shirts und Schmuck mit erkennbaren Motiven, damit wir darauf angesprochen werden, um dann in verschwörerischem Unterton raunen zu können: „Was weißt Du über Hexen?

Es gibt ja auch diese Furcht vor Zauberei, beziehungsweise im umgekehrten Fall, die Sehnsucht nach der Fähigkeit, selber zaubern zu können. Aber wir aufgeklärten Heiden wissen, dass das Okkultismus ist und nur funktioniert, wenn das Opfer der Zauberei sich manipulieren lässt. Anders gesagt: es wäre ein furchtbarer Alptraum für alle Menschen, wenn es auch nur einen echten Zauberer gäbe. Wo würde das hinführen?
Niemand könnte mehr sicher sein, dass bei der Snooker-Weltmeisterschaft die einzelnen Teams nicht einen Zauberer anheuerten, um die Bälle nur einen kleinen Hauch fehl rollen zu lassen. Schon alleine der Gedanke, dass dies möglich sein könnte, würde in England zu einer Inquisition führen, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat.

Fazit: Entweder es gibt wirklich Geheimnisse, die sind dann aber geheim, oder es gibt keine, dann sind sie nicht so zu nennen. In beiden Fällen ist es ratsam, (schon um der Höchststrafe, von mir belächelt zu werden, zu entgehen), auf Phrasen dieser Art zu verzichten.

[du schwindelst doch]
[Psst.]
[ich habe hier einen sack voller geheimnisse!]
[Lass ihn zu.]
[du willst doch nur ablenken, damit die leute aufhören, nach geheimnissen zu suchen]
[Nah, auf mich hört eh keiner.]
[warum machst du das dann?]
[Das ist geheim.]