Die Menschheit will belogen werden. Das ist eine altbekannte Weisheit.

Ein Staat (also eine freiwillige Gemeinschaft von Menschen) kann nur dann gesund existieren, wenn die Mitglieder nicht alles wissen. Die Presse enthüllt manchmal Kleinigkeiten, die zwar harmlos sind, die den geneigten Bürger aber empören sollen. Wir wussten doch vorher schon, dass die Politiker Dienstwagen und Flugbereitschaften nicht privat ausnutzen dürften, aber ist das wirklich so entsetzlich? Da gibt es echt dringlichere Kummerquellen. Die Pressefreiheit setzt uns so etwas in fetten Lettern vor, damit wir glauben, es bliebe nichts im Verborgenen, dank der tapferen investigativen Journalisten.

Mich als Hexe interessiert natürlich alles. Einerseits habe ich gelernt, dass man unterscheiden soll zwischen unwichtigen und wichtigen Meldungen, das steht schon in der Job-Description für Hexen, andererseits will ich wissen, was meine Mitmenschen beschäftigt. Und wenn das nun mal schwangere Schlagersänger, Formel 1-Rennen und Modelexzesse sind, dann hilft mir diese Erkenntnis weiter.

Seid ihr nicht auch schon mal in einer Schlange gestanden und habt Statistiken gemacht? Man nimmt an, dass jeder zehnte Mann homophil ist, jeder dritte ein Bildzeitungsleser und jeder zweite geht fremd. Ich zähle dann durch und finde mit willkürlicher Präzision immer genau den Missbildungsbürger, der seine Frau mit dem Poolboy betrügt. Der so Überführte guckt zwar komisch rüber, und fragt sich wieso ich ihn angrinse, kann aber nichts machen, denn die gnadenlose Profiling-Craft hat ihn erwitcht erwischt. Ihr seht: ein gesundes Interesse an Trash trägt zur Unterhaltung bei.

Aber … aufgemerkt! Ich will zwar alles wissen, gebe währenddessen aber nicht meine Fähigkeit zur Einschätzung an der Garderobe ab. Ich finde es arrogant zu sagen, dass man von manchen Dingen nichts mitbekommen möchte, weil das doch unter dem Niveau desjenigen sei. Das ist blöd, denn es beengt den Horizont. Unser Gehirn schafft es sehr wohl, sich alles zu merken. Gleichzeitig sollte man dann aber natürlich fortlaufend sortieren. Im Büro habe ich doch auch Körbchen die von oben nach unten gemäß Relevanz beschriftet sind, also: Eingang – Hintereingang – Bank (lange) – Werbung. Dorthin sortiere ich alles, was reinkommt. Was fertig ist, wandert ins Archiv.

Genau so mache ich es mit Information. Ich erhalte es, bewerte und sortiere. Da ich ein Umweltfuzzi bin, vermeide ich selbst Informationsmüll. Das ist einer der Gründe, wieso es so lange dauert, bis mir die Geschichten ausgehen.

[sehr zu unser aller wohlgefallen]
[Ähm … ja, genau.]

Es ist aber manchmal schwierig, sich nicht verarschen zu lassen. Bei manchen Informationen kann man nicht sicher sein, ob sie gut erfunden sind oder doch wahr. Das trifft besonders dann zu, wenn eine Vielzahl von Menschen daran glauben und das Gegenteil nicht leicht zu beweisen ist. Der christliche Gott ist so ein Beispiel oder eben auch Wasser. Was haben sie dem Wasser nicht schon alles angetan …

Wasser, also nicht das Element, sondern H2O, fließt durch Stein, Erde, Müll, Kanäle, Kläranlagen, tierische Körper, usw. Es trifft auf seinem ständigen Kreislauf eine Menge neuer und alter Bekannter. Je nach Mineralgehalt, Aufbereitung und Verunreinigung unterscheidet es sich vom Wasser nebenan. Entgegen weitläufiger Meinung gibt es für alle Menschen genug davon, es ist nur, wie immer, schlecht verteilt.

Weil es so viel Wasser gibt und weil es jeder Mensch braucht, wird leider Schindluder damit getrieben. Der oben verlinkte Comedian Lewis Black hat es auf den Punkt gebracht: In seiner Kindheit war es noch vollkommen legitim, Wasser aus dem Wasserhahn zu trinken, heutzutage, obwohl die Kläranlagen erheblich verbessert worden sind, kaufen wir tonnenweise Mineralwasser, das wahrscheinlich von einem geschäftstüchtigen Pärchen in der Badewanne abgefüllt wird.
Es mag Gegenden geben, wo man das Leitungswasser wirklich nicht trinken kann, aber wieso stehen die Leute (interessanterweise vorzugsweise Menschen mit Migrationshintergrund) in meiner Stadt mit Säcken voller leerer Plastikflaschen am Pfandautomaten? Unser Wasser ist schwer in Ordnung, das weiß ich.

Eine unerhörte Geschäftemacherei ist auch die Vergewaltigung von Wasser in der Pharmaindustrie. Vor sich hergepeitscht von Lobbyisten, unzählige Male widerlegt, aber nicht totzubekommen, so lange mit wenig Einsatz Milliarden gescheffelt werden können, überlebt die Homöopathie alle Vernunft und Medizin de lege artis.

Hier wird Wasser so lange verdünnt, bis vom Schadstoff, der vorher in minimalsten Mengen hinzugefügt wurde, nachweislich nichts mehr drin ist. Das nennen sie potenzieren, da das Gebräu angeblich stärker wird, je weniger drin ist. Das ist so unglaublich, dass es selbst bei StarTrek, wo fast alles möglich ist, niemals ins Drehbuch geschrieben worden wäre. Schon der 150 Jahre alte Grundsatz des similia similibus curentur ist genauso unsinnig wie der damals noch gebräuchliche Aderlass.

Und diese Substanz die nach freiwilligen Angaben des Herstellers nichts enthält, wird teuer verkauft. Man muss ein sehr unerschütterlich gläubiger Mensch sein und Interesse daran haben, Scharlatane mit Geld zu versorgen, damit man das Zeug erwirbt.

Mein Hauptargument dagegen ist ganz unmoralisch und mehr praktischer Natur: Wenn Homöopathie helfen würde, dann hätte ich Angst davor, Leitungswasser zu trinken, um all den Effekten aus dem Weg zu gehen, die da verpackt sind. Wie schon erwähnt, ist das Wasser vorher mit unzähligen Dingen, auch im vorgeblich potenten Minimalbereich, in Berührung gekommen. Wenn die sich auf den Körper übertragen täten, dann würden wir von den Folgen hin- und hergebeutelt werden.

Sollte es wirklich so sein, dass man Wasser laden und entladen kann, dann würde jede Flüssigkeit mit unterschiedlichster Energie versorgt sein. Und da wir Menschen seit Jahrhunderttausenden Wasser zu uns nehmen, wäre es klug von unserem Körper, dagegen immun geworden zu sein. Genauso, wie wir einen natürlichen Schild gegen Magie entwickelt haben, der uns vor uns selber schützt.

Wasser kann sehr magisch sein. In einem Ritual mit viel Brimborium aufbereitet und bedeutungsschwanger angewendet, ist es sehr nützlich, aber es ist nicht das H2O, das wirkt, sondern die Hexe, bzw. deren magische Projektion im Bewusstsein des Objekts.

Ich würde gerne die WLUNVP („Wir lassen uns nicht verarschen“-Partei) gründen, aber wofür? Die Menschheit will betrogen werden. Hier schließt sich der Kreis.