Zum 65. Geburtstag unseres Besitzers bin ich doch nicht darum herum gekommen, der geburtstäglichen Versammlung in der Kaffeeküche beizuwohnen. Sonst nehme ich von Veranstaltungen dieser Art gerne Abstand, aber diesmal wünschte er explizit, dass alle dazukämen. Als ich, aus meinem fernen Kämmerlein kommend, dazu stieß, waren die hohen Herrschaften der Firma bereits fröhlich am Plaudern, mit ihren Sektflöten zwischen den Krallen. Ich sah die Panik in den Augen eines meiner Kollegen, der ebenso wie ich, Angst vor dem absehbaren, gequälten Smalltalk hat.

Meiner Meinung nach sind Hierarchieebenen nicht dazu da, um künstlich durchbrochen zu werden. Die Oberschicht und die Mittelschicht in Deutschland haben sich gegenseitig nichts zu sagen. Jedenfalls nichts Freundliches. Zu so einem Jubiläums-Anlass kann man aber schlecht die Frage stellen, wieso wir mit unseren unbezahlten Überstunden die überdimensionierten Limousinen der Elite finanzieren müssen. Da ich mich und mein Mundwerk kenne, versteckte ich mich vorsorglich hinter einem Lachsbrötchen und studierte das Muster der Bodenfliesen.

Aber was passiert … ?

Chef: „Herr Toteles?“

Ich [erschrocken]: „Ja? Anwesend!“

Chef [jovial]: „Nehmen Sie sich doch auch ein Glas Sekt. Zum Anstoßen.“

Ich: „Ähm … nein danke, ich darf aus religiösen Gründen keinen Alkohol trinken.“

Kollege: „Sie sind Muslim?“

Ich: „Nein. Mein Arzt sagt, wenn ich weiter Alkohol trinke, treffe ich die Götter schneller, als mir lieb ist.“

Chef [lacht]: „Und was sagt ihr Priester dazu?“

Ich: „Jedes Mal wenn ich den im Spiegel sehe und frage, ob er das auch so sieht, behauptet er das Gegenteil. Aber wer glaubt schon einem Priester …“

Verkaufsleiter [ungewohnt freundschaftlich]: „Jetzt nehmen Sie schon. Ist doch ein feierlicher Anlass …“

Ich: „Ok.“

Ich habe dann natürlich nicht nur mein Glas, sondern auch den Rest der Flasche und die halbvollen Gläser ausgetrunken. Mann, war ich betrunken …

Wieso respektiert eigentlich niemand meine religiösen Feelings?

Hicks.